Laotse: Tao Te King
Übersetzung aus dem Chinesischen von Heinz Klein
Heinz Klein ist ein ausgewiesener Kenner der chinesischen Sprache und der dem Tao Te King zugrunde liegenden Metaphysik. Er hat 4 Jahre an der Hochschule für chinesische Kunst in Taipei/Taiwan als Dozent unterrichtet. Sein Sinologiestudium war auf die traditionelle chinesische Medizin ausgerichtet, in der er promovierte. Darüber hinaus ist er ein Kenner des Zen-Buddhismus.
Wie kommt Heinz Klein dazu, das Tao Te King neu zu übersetzen? Gibt es nicht schon genug Übersetzungen?
Ist Heinz Klein der bessere Übersetzer?
Es liegt an der Eigenart der chinesischen Sprache, dass ihre Zeichen (Piktogramme, Ideogramme) so deutungsreich sind, dass jeder Übersetzer seinen eigenen Bewusstseinsstand in das Buch projiziert. Und hier meint Heinz Klein:
Wenn die Entscheidung nun zugunsten einer neuen überarbeiteten Übersetzung getroffen wurde, so liegt der Grund dafür hauptsächlich in der Erkenntnis, daß ein wichtiger Aspekt, wenn nicht gar der wichtigste, in den bereits erschienenen Werken übersehen oder nicht erkannt wurden. (S. 7)
Schon die knapp 40-seitige Einführung ist das ganze Buch wert. Darin schreibt er Erhellendes über die Besonderheit der chinesischen Sprache und der Zeichen, wie sie noch vor der Kulturrevolution genutzt wurden. Selbst für Chinesen erschließt sich die Tiefe des Tao Te King nur durch ein tiefes Bewusstsein selbst. Um so wichtiger ist dies für einen Übersetzer. Nur wer in dem Bewusstsein des Laotse ist, kann die Botschaft intuitiv (aus dem Herzen) in die Fremdsprache übertragen. Das ist Heinz Klein hervorragend gelungen. Seine Übersetzung des Tao Te King ist tiefsinnig und doch in einfache Worte gekleidet. Es geht um die Resonanz, die die Worte auslösen.
Was die Übersetzung des Tao Te King und die Erläuterungen von Heiz Klein bei mir ausgelöst hat: Ich habe in meinem Leben nie zuvor einen so tiefen Respekt vor der Tradition gehabt (nicht nur der chinesischen). Wie schon die „alten Weisen“ die „ewigen Wahrheiten“ in einfache Worte zu fassen wussten: die „heilige Wahrheit“ jenseits aller kulturellen Überwucherung.
Was mich in ganz besonderem Maße berührt hat ist die kurze Darlegung einer Metaphysik der Schöpfung jenseits eines personifizierten Schöpfers (ähnlich dem Buddhismus) in der Einleitung (S. 15 – 17). Die wichtigsten chinesischen Ideogramme lesen sich so wie die „Chiffren der Transzendenz“ (Karl Jaspers): der (wahre) Mensch als Mittler zwischen Himmel und Erde. Diese „Drei-Einigkeit“ löst auch diese westliche Fixierung auf die Trennung von Geist und Materie. Es gibt keine geistlose Materie.
YIN-YANG und WU-WEI
Bei der ersten Aufnahme des TAO TE KING in der spirituellen Renaissance des Westens spielten die Begriffe YIN-YANG und WU WEI eine große Rolle. Heinz Klein zeigt in der Einleitung, wie wir diese Begriffe missverstanden haben. YIN-YANG spielt in den Versen des Laotse kaum eine Rolle. Wir Westler haben in unserem Bewusstsein der Dualität diesen Aspekt viel zu sehr betont. Denn im TAO TE KING geht es um die Transformation der Dualität und keine Fixierung auf YIN YANG.
Unsere Neospiritualität im Wesen betont das weibliche „Fließenlassen“. Und da schien das WU WEI als „Nichts-Tun im Fluss des Lebens“ eine Bestätigung aus dem TAO TE KING zu sein. Doch WU WEI als „Nichts-Tun“ zu verstehen ist kaum die halbe Wahrheit. Es geht darum, nichts mehr aus dem Eigenwillen heraus zu tun. Im Eigenwillen weniger zu werden, um den Schöpfungswillen durch sich fließen zu lassen.
Unter Nicht-Tun versteht man nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, ein vom Trägheit und Energielosigkeit gekennzeichnetes Leben. Gerade weil der Drang nach Selbstbehauptung und die ichbezogenen Wünsche, die aus dem Gefühl des Abgetrenntseins entstehen, zurückgestellt werden, kann sich im Menschen eine Aktivität entfalten, aus welchen die wahren geistigen Antriebskräfte der Schöpfung kommen. (S. 33)
Die Essenz des TAO TE KING
Im TAO TE KING geht es um Transformation ins Einheitsbewusstsein jenseits der Dualität. Und damit ist das TAO TE KING mit der Gnostik, der inneren Alchemie, der Metaphysik des Absoluten verwandt. Heinz Klein weist auf zwei Transformations-Prozesse hin:
Im Nicht-Tun liegt dann der Schlüssel zur ersten Stufe der Transformation. … Dieser Prozess der Neuschöpfung besteht nach Laotse darin, das niedere TE, welches die Wirklichkeit des nicht gewandelten Menschen gestaltet, durch vermehrtes Nicht-Tun zu verringern, damit hohes TE den Mikrokosmos wieder erneuern und beleben kann. (S. 33)
Mit der Überwindung der Polarität überschreitet er die Grenzen von Geburt und Tod, und er ist fähig, das Reich zu erlangen. In der zweiten Phase der Transformation hat er das Doppelkleid der Ewigkeit angezogen und ist unsterblich geworden auf allen Ebenen der Schöpfung. (S. 38)
Briefe zum TAO TE KING
Heinz Klein hat zu der Neu-Übersetzung des TAO TE KING „Briefe“ herausgegeben. Sie dienen als Kommentare der einzelnen der 81 Verse nur bedingt dem „besseren Verstehen“. Es sei ein „Wahn, das Phänomen TAO beziehungsweise Taoismus intellektuell einordnen zu können“ (Briefe, S. 8 )
Um dem Urgeist aus TAO und aus TE begegnen zu können, muss der Mensch seine ich bezogene Intellektualität aufgeben und Geist und Herz in die Einfachheit und Unverfälschtheit der ursprünglich reinen Schöpfung aus TAO und aus TE zurückzuführen. (Ebenda)
Die „Briefe zum TAO TE KING“ sind Wegbegleiter auf diesem „Weg der Rückkehr“, dem „Weg des Wenigerwerdens“ und zur Ergänzung ans Herz gelegt.
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Mein Fazit: Es gab vor ein paar Jahren eine Zeit, in der jeder spirituelle Autor sein Thema mit den Gedanken des TAO in Verbindung brachte: das Tao der Physik, das Tao des Geldes, das Tao des Herzens, das Tao des Zufalls, das Tao der Liebe, das Tao der Fülle, … Dann wurde es still, das Thema war „ausgelutscht“.
Doch all diese Interpretationen des Tao blieben an der Ober-fläche des Yin-Yang, gingen nicht wirklich an die Substanz, an die ewige Metaphysik reinster Form des Tao Te King, ohne mystischen, moralischen oder religiösen Schnörkel. Von allen Weisheitsschriften der Menschheit geht das Tao Te King wahrscheinlich am tiefsten. Ich würde der Neuübersetzung durch Hein Klein wünschen, das dieser Klassiker der Weisheit den Suchenden von Heute einen neuen Schlüssel zum Verständnis des Tao Te King in die Hände gibt als Wegbegleiter unserer Transformation als Berufene.
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>> Zum Autor Heinz Klein
und zu anderen hier besprochenen Büchern des Autors.
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