Mihaly Csikezentmihalyi: Flow im Beruf
Untertitel: Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz
Mihaly Csikezentmihalyi ist weltweit bekannt geworden durch sein Buch
„FLOW. Das Geheimnis des Glücks“ (1990)
Vor zweitausenddreihundert Jahren kam Aristoteles zu der Schlußfolgerung, daß der Mensch vor allem Glück sucht. Glück wird um seiner selbst willen angestrebt, während jedes andere Ziel – Gesundheit, Schönheit, Geld oder Macht – nur geschätzt wird, weil man erwartet, daß es glücklich machen wird. (Flow, S. 13)
Kaum 3 Jahre später brachte der das Nachfolgebuch heraus „Dem Sinn des Lebens eine Zukunft geben“ (im Original: „The Evolving Self“ – 1993) mit dem anspruchsvollen Untertitel: Eine Psychologie für das 3. Jahrtausend.
Das Buch, das ich hier bespreche „Flow im Beruf“ ist erstmals 2003 erschienen, also wieder 10 Jahre später. In diesem Buch geht es nicht mehr um persönliches Glück oder Glück als Evolutionsfaktor, sondern die Entfaltung von Glück im Wirtschaftsleben, bei der eigenen Arbeit.
„Die berufliche Tätigkeit bestimmt unsere Lebensqualität in hohem Maße. Macht Sie das, womit Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen, krank? Hält es Sie davon ab, sich persönlich weiterzuentwickelt? Schämen Sie sich dessen, was Sie an Ihrem Arbeitsplatz zu tun haben? Nur zu oft werden solche Fragen mit Ja beantwortet – und dabei müßte das gar nicht sein: Arbeit kann einen der erfreulichsten und befriedigendsten Aspekte unseres Lebens bilden. Ob sie das tun, das hängt von unserem kollektiven Handeln ab.“ (Flow im Beruf, S. 11)
Es ist ein in gewissem Sinne revolutionäres Buch, weil nun nicht mehr die „Gewinn-maximierung“ der Sinn eines Unternehmens ist, sondern das Erweitern des Glücks: in den Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens, für die Mitarbeiter der Unternehmen selbst.
Im ersten Teil des Buches wird der neueste Stand seiner Forschung über Flow und Glücksgefühl zusammengefasst.
Manche Leute sehen im höchsten Glückspegel – der Selbstverwirklichung – die Fähigkeit, alle dem Organismus innewohnenden Potenziale auszuleben. Es ist, als hätte die Evolution eine Sicherheitsvorrichtung in unser Nervensystem eingebaut, die uns uneingeschränktes Glück nur dann erfahren läßt, wenn wir zu hundert Prozent leben, wenn wir also die uns mitgegebene psychische und geistig-seelische Ausstattung voll und ganz nutzen. (S. 38)
Aus dieser Perspektive betrachtet, beschränkt sich das ‚gute Geschäft‘ nicht auf das Erzielen von Gewinn. Vielmehr schließt es Transaktionen ein, die tatsächlich zum Glück der Menschen beitragen, während das ’schlechte Geschäft‘ für Transaktionen steht, die dies nicht bewirken. (S. 40)
Glücksgefühle widerfahren uns nicht einfach … Vielmehr sind sie etwas, das WIR geschehen machen und das sich daraus ergibt, daß WIR unser Bestes tun. Das Gefühl des Erffülltseins, das sich einstellt, wenn und weil wir unsere Möglichkeiten ganz ausschöpfen, bewirkt Differenzierung und Weiterentwicklung. Das Aufgehen im eigenen Tun ist FREUDE UND GENUSS – das beschwingende Gefühl, ganz und gar lebendig zu sein.
(S. 56)
Es gibt 8 Merkmale, die anzeigen, im Flow zu sein (S. 63- 81):
- Das Ziel ist klar
- Die Rückmeldung kommt sofort
- Handlungsmöglichkeiten und Fähigkeiten entsprechen einander
- Die Konzentration steigt
- Was zählt, ist die Gegenwart
- Die Beherrschung der Situation
- Das Zeitgefühl verändert sich
- Das Aussetzen des Ich-Bewusstseins
Im Flow verändert sich die Rolle des ZIELS. Es ist das, was wir (ganz grob) bezeichnen als : Der Weg ist das Ziel. Alles findet sein Ziel in sich selbst, ist in sich wertvoll, ist „autotelisch“.
FLOW-Erfahrungen … vermitteln eine Vorstellung davon, was der ‚Rausch des Lebens‘ sein kann, und gegen in die Richtung eines eher seelenbestimmten Daseins. (S. 86)
Im FLOW befinden sich Fähigkeiten und Anforderungen im Leben oder im Beruf in einem optimalen Verhältnis: Wir sind sowohl konzentriert wie auch glücklich. Wir leisten unser Bestes und tun es in Freude. Davon unterschieden sich Gefühle von
- Apathie
- Langeweile
- Besorgtheit
- Entspanntheit
- Angst
- Kontrolle/Steuerung
- Erregung
also sehr differenzierte Gefühle zwischen Burnout (Überforderung) und Boreout (Unterforderung). Das FLOW-Konzept ist sicher ein Ausweg daraus.
Im zweiten Teil geht es um den FLOW in Organisationen.
Hier knüpft der Autor an die Arbeitsethik von Calvin an. Demnach
war Arbeit nicht einfach etwas, das man tat, um seinen Lebensunterhalt zu sichern, sondern eine göttliche ‚Berufung‘, eine Aufgabe, die von Gott selbst erdacht worden war. …
Der großen Mehrheit ist diese Vorstellung von der Arbeit als Mittel der Heilsgewinnung heute allerdings ganz und gar fremd. (S. 134)
Der Autor thematisiert den Unterschied von Job, Karriere und Berufung. Und wie es möglich ist, Organisationen zu schaffen, in denen Menschen ihre Berufung leben können und zu Flow-Erfahrungen kommen können:
Der beste Weg, eine solche – ideale – Organisation aufzubauen, besteht darin, daß man die Bedingungen schafft, unter denen die Mitarbeiter für FLOW-Erlebnisse empfänglich werden. (S. 148)
Der Autor führt als Elemente auf:
- das Engagement von seiten der Unternehmensführung
- Klarheit über die Aufgaben der Organisation und aller Mitarbeiter
- eine Kultur des Willkommenheißens von Fragen („Die einzig folgenreiche Frage ist eine Frage, die gar nicht erst gestellt wird.“ – S. 160)
- gute Kommunikation mit Rückmeldung („Ohne Rückmeldung gibt es kein Lernen und kein Wachstum.“ – S. 176)
- Fördern von „Learning by doing“
- Gleichgewicht der Anforderungen und Fähigkeiten
- Kontrolle der Tätigkeit und Zeit
- Zurückweisung von Egozentrik
Im dritten Teil des Buches geht es um den Flow für die Menschen in Organsationen
Zu den spannendsten Themen des Buches gehören die Überlegungen des Autoren zur „Seele unternehmerischer Tätigkeit“.
So betrachtet, können wir ‚Seele‘ als überschüssige Energie ansehen, die sich in Veränderung und Transformation investieren läßt. In dieser Eigenschaft ist sie die Speerspitze der Evolution. (S. 197)
Die Seele als Speerspitze der Evolution! WOWWW!!!
Wenn Unternehmen von ‚Visionen‘ sprechen, dann beziehen sie sich in der Regel auf die Artikulierung von Seele. Anders ausgedrückt: Vision ist die Beschreibung einer Seinsform, die noch nicht existiert, die Antizipation eines künftigen Zustandsbildes der Organisation. … Vision kann also definiert werden als die antizipierte Entwicklung einer Organisation, die sich ihrer eigenen Potenziale bewusst geworden ist. (S. 198)
Wenn die Vision eines Unternehmensführers eines dieser Ziele einschließt …, dann gewinnt die Organisation selbst eine Seele.
(S. 207)
Die Organisation gewinnt selbst eine Seele! WOWWW!!!
Der Autor diskutiert den „Stoff, aus dem ‚große Seelen‘ sind:
- grenzenloser Optimismus und Vertrauen
- Integrität und Authentizität
- Ehrgeiz und Ausdauer
- Wissbegierde und Lernbereitschaft
- Empathie und wechselseitiger Respekt
Jede große Seele hat irgendwie ein Senundgsbewusstsein, das Gefühl, ausersehen zu sein, eine bedeutende Aufgabe zu erfüllen. Vielleicht in der Form eines Gebetes:
Also, Gott, was soll ich in dieser Inkarnation tun?
Sag mir, was mein Auftrag ist,
damit ich dir wirklich dienen kann. (S. 214)
Der Autor nennt Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit wir FLOW ins Leben / ins Berufsleben bringen:
- wachsende Selbsterkenntnis: Wer bin ich?
- Stärken entwickeln, eigene Möglichkeiten entdecken
- den eigenen Platz finden
- das eigene Bewusstsein steuern
(durch Mental- und Bewusstseinstraining)
Die Wirtschaft ist immer ein Evolutiuonsfaktor ersten Ranges gewesen und so diskutiert der Autor am Ende des Buches, wie das Business als Evolutionsfaktor dem Glück der Gesellschaft dienen kann.
Auch die Geschäftswelt wird ihre Hegemoniestellung nicht wahren können, wenn sich heraus stellt, daß der Markt weiterhin als nichts anderes als eine Übereinkunft zugunsten der Wenigen wahrgenommen wird, die nichts zum Glück der Vielen beitragen. (S. 253)
Mein Fazit: Ich stimme mit dem Buch nicht in jedem Satz überein, doch es ist für mich ein wirklich bahnbrechendes Buch, das vielleicht grundlegendste menschliche Bedürfnis nach GLÜCK in unserem Leben zu verwirklichen
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