Thomas Bach: Diagnose Krebs – und nun?

Untertitel: Ein Begleiter auf dem Weg der Genesung


Der Autor Thomas Bach hat 15 Jahre in einer Klink als Psychoonkologe gearbeitet und hat heute seine eigene Praxis. Ich erwähne es bewusst, weil das Buch aus jahrelanger therapeutischer Praxis geboren ist und – wie der Untertitel es zutreffend ausdrückt – wirklich ein praktischer Begleiter auf dem Weg zur Genesung aus einer Krebskrankheit ist. Das Buch enthält gar nicht SO viele Übungen, doch es sind die wirklich Wesentlichen, die man auf dem Weg der psychischen Selbstbestimmung meistern sollte.

Was aber ist überhaupt „Psychoonkologie“?  Inzwischen spricht sich langsam herum, dass eine Krebserkrankung keine rein genetische und erbliche Belastung und genetische Deformation ist, sondern immer auch Ausdruck seelischer Störungen. So hat sie inzwischen eine Psychoonkologie gebildet, die die Ursache des Krebsgeschehens in seelischen Problemen sucht und mehr noch Krebs als eine Herausforderung seelischen Wachstums betrachtet. Gott sei Dank hat sich inzwischen auch eine „Epigenetik“ entwickelt, die unsere Gene als viel modulierbarer erkannt hat als die starre alte Genetik. In diesem Sinne ist Krebs in dieser Denkrichtung epigenetisch verstanden, Heilungsaussichten einschließend durch Psychotherapie („Psychoonkologie“).

Das Buch hat zwei Teile, die sich wirklich gravierend unterscheiden: 1. Psychoonkologische Betrachtungen (sich ein starkes und gesundes EGO schaffen) und 2. „Der Sprung über den Abyssos“ (das EGO loslassen und sich der nondualen Urquelle überlassen).

Teil 1: Sich ein gesundes EGO schaffen

Es gibt psychologisch gesehen einen „Krebstyp“: Es sind Menschen, die sich selbst vergessen und sich an andere anpassen, sich für deren Bedürfnisse einsetzten. Es sind Menschen mit einem sehr schwachen „Ich“, die ihre eigenen Bedürfnisse kaum kennen und erst recht nicht durchsetzen. Vor allem an diese Menschen richtet sich der erste Teil mit Sichtweisen und Übungen, die helfen, sich ein gesundes EGO zu erschaffen, sich sozusagen als selbstbewusster, krebsfreier Mensch neu zu erfinden.

Hierzu gehören:

  • Nicht sofort panikartig zu reagieren (auch wenn man von Ärzten unter Druck gesetzt wird), sondern anzuhalten und sich zurück ziehen („Retreat“), um aus einem Abstand heraus sinnvoll das Heft in die eigenen Hände zu nehmen (der Samen der Selbst-Heilung)
  • Angst machende Konzepte und Glaubenssätze über Krebs und Krebsbehandlung loszulassen (Vergebung Ärzten gegenüber, die schon ein Todesurteil ausgesprochen haben)
  • Schon ein geheiltes, krebsfreies Leben zu visualisieren („Zurück aus der Zukunft“)
  • Den eigenen Lebensraum und Lebenszeit der Heilung einzufordern (gegen einen falsch verstandenen Egoismus)
  • Die Reise zum inneren Kind aufzunehmen (Atemübung und Meditation)
  • Eigene Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen
  • Die Verstehbarkeit für den höhere Sinn einer Krankheit anzunehmen (Botschaft des Körpers)
  • Die Genesung selbst in die eigenen Hände zu nehmen (Handhabbarkeit)
  • Das SEIN und die LIEBE als Gundenergie des Lebens zu entdecken
  • „Den Tumor zerlieben“ (geniale Formulierung!), ihm Licht und Liebe zu schicken
  • Sich mit „Gevatter Tod“ auseinander zu setzen (wer leben will, muss erst sterben lernen)
  • Das Leben so in Ordnung zu bringen, dass man jederzeit gehen kann, ohne Unerledigtes zu hinterlassen
  • Sich vom Gefühl der lebenslangen Überforderung und der daraus folgenden Lebensmüdigkeit zu befreien
  • Ehrlich anderen Menschen seine Bedürfnisse und Meinungen mitzuteilen und aus dem „Schongang“ heraus zu kommen
  • Sich zu lösen aus dem Dramadreieck Täter – Opfer – Retter bzw. Angriff, Verurteilung und Abwertung (nach Eric Berne)
  • Gewaltfreie Kommunikation zu üben (nach Rosenberg)
  • Nicht gegen die Realität zu kämpfen, sondern anzunehmen, was ist; sogar zum Krebs zu sagen: „Ja, auch du gehörst dazu!“ (Krebs drückt einen Lebenskonflikt aus, der erkannt werden will, die „Botschaft der Krankheit“)
  • Nicht von Tumor oder Krebs zu sprechen, sondern vom „Genesungsbereich“

Was für ein psychologisch fundiertes Heilungs-Programm! Damit ist der erste Teil des Buches beendet, der zweite Teil nicht unbedingt notwendig. Der Autor schreibt:

Im zweiten Teil des Buches möchte ich Sie auf eine Reise in die tieferen Schichten der Existenz führen. Falls Sie daran kein Interesse haben, wünsche ich Ihnen an dieser Stelle alles Gute! (S. 59)

Teil 2: Das EGO loslassen und sich der Urquelle überlassen

Der Titel dieses Teil ist auf Anhieb nicht verständlich: „Der Sprung über die Abyssos“. Es geht dabei im doppelten Sinne um SPRUNG: einerseits den „Sprung über den Abgrund“ (Abyssos) und andererseits den „Sprung in der Schüssel“ finden, den Ur-Sprung „allen Übels“. Es geht im spirituelle Lebensphilosophie hinter dem Schleier der Illusionen, über

  • die wirkliche Wirklichkeit
  • Bewustheit
  • Leere und Stille
  • Leben im Hier und Jetzt (nach Eckhart Tolle)
  • Zurück zum Ur-Sprung (!) und den Nichts davor
  • Urquelle
  • Nicht-Dualität
  • Avaita: die Schöpfung ist eine Illusion
  • Trennung, Schuld und Vergebung sind Illusionen
  • das Ego auflösen

Es macht wenig Sinn, diese hier sehr essentiell referierte Lebensphilosophie (nach Avaita, Buddhismus, griechische Philosophie, Gnostik) nachzuerzählen. Der Autor schreibt auch, dass dies nicht die „letzte Wahrheit“ ist, sondern ein mentales Konzept. Ob der Leser es so teilt oder nicht, ist nebensählich. Es geht in der Auseinandersetzung damit seine eigene (wahrscheinlich unbewusste) Lebensphilosophie zu erkennen und bewusst zu einer heilsamen Lebensphilosophie im Prozess der Genesung zu finden. Was kommt dabei heraus kommt:

Im besten Falle erkennen Sie, dass wahre Heilung mit dem Frieden im eigenen Herzen anfängt. (S. 90)

Mein Fazit: Ein enorm starkes Buch, das bis in die letzte Konsequenz geht, das Einswerden mit dem Göttlichen als „ultima ratio“ für die Heilung. Wer seinen eigenen Heilungsplan aus der Lebenskrise Krebs erstellen will, für den ist dieses Buch eine großartige Herausforderung. Jeder Heilungs-Weg ist individuell, und so macht es wenig Sinn, den Weg des Buches 1 zu 1 zu kopieren. Heißt es so schön: Wer seinen eigenen Heilungsweg gehen will, darf andere nicht nach dem Weg fragen. DOCH einen fundierten und hochwertigen Plan zu haben, an dem man sich abarbeitet, um seinen eigenen Plan zu entwickeln, ist ein echtes Geschenk: Was ist für mich stimmig? Was modifiziere ich an Übungen? Was ist für mich fremd und eine Herausforderung? Das könnten schon wichtige Fragen mit der ARBEIT an dem Buch sein, um seinen ganz persönlichen Heilungsplan zu entwickeln. Es ist leicht in ein paar Stunden zu lesen (90 Seiten) und bringt das Wesentliche aus der Sicht der Seele auf den Punkt.

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4 Kommentare

  • Lieber Jürgen,
    wow, herzlichen Glückwunsch. Du bist wieder da! Hast die Beschreibung wirklich super gemacht,
    sogar so, dass ICH alles verstehen konnte. Du hast es richtig schön aufgebaut und bist wieder ganz klar im Schreiben.
    Wenn ich damit ein Thema hätte -Gott sei Dank habe ich es nicht mehr- würde ich es mir kaufen wollen.
    Kompliment!
    Ich hatte gehofft, du besprichtst es in der Tat, aber vllt. habe ich es nur nicht gefunden.
    Lieben Gruß
    Elke

    • Oh, liebe Elke, das ist mir noch gar nicht so bewusst geworden. Eigentlich BESCHREIBE ich die Bücher ja nur, beim BESPRECHEN sollte von mir ja auch etwas zu Hören sein. Ich lass mir das einmal durch den Kopf gehen.

  • Lieber Jürgen, vielen Dank für Deine „Beschreibung“, die ja auch eine sehr gute Wertung beinhaltet. Ich habe mich darüber sehr gefreut!
    Herzliche Grüße
    Thomas Bach

  • Lieber Thomas, ja, dein Buch hat mich sehr begeistert und finde es überaus empfehlenswert. Ich rezensiere nur ehrlichen Herzens. Außergewöhnlich fand ich deinen zweiten Teil, auch wenn ich es ein wenig anders „sehe“, besser empfinde. Ich will dir schon seit ein paar Tagen meine „spirituelle Dissonanz“ dazu in einer persönlichen eMail mitteilen. Damit du schon ahnst, was ich meine, kannst du meine Buchbesprechung des Buches von Ronald Engert ansehen: „Der absolute Ort“. Doch das sind nur kleine Differenzen „auf höchstem Niveau“. Ich wünsche deinem Buch aus ganzem Herzen viel Erfolg! Eure Hompage gefällt mir auch sehr gut! Wenn du Auszüge aus meiner Rezension verwenden willst: Nur zu, sehr gerne. Herzliche Grüße

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